Neues aus Bijumpien
Eine
kleine Katzengeschichte
von Martine Wirth
Leseprobe
[Die
Protagonisten: Bijou, eine edle Siam-Katzenmutter, die mit dem
schwarz-weißen Kater Lumpi zusammen fünf schwarze(-weiße)
Nachkommen hatte, und drei von eben diesen.]
Eine vornehme Mutter
Juni 1991: Drei von der
schwarzen Bande sind noch da, Lumpi, Pünktchen und Juni. Sie sind jetzt drei Monate alt.
Die Balgerei nimmt inzwischen
immer abenteuerlichere Formen an. Die Kinder sind jetzt so groß, daß
Bijou den größten Teil des Tages sich nicht mehr um die lieben Kleinen
kümmert. Manchmal stürzen sich die jungen Wildfänge gleich zu mehreren
auf die oft genervte Mutter. Und immer öfter läßt sich Bijou animieren,
sich mit ihren Kindern auf eine zünftige Rauferei einzulassen. Oh was
ist das schön, so herum zu balgen. Meist, wenn sie gerade vorne mit
jemand balgt, greift von hinten aus dem Hinterhalt einer nach dem durch
die Erregung heftig schlagenden Schwanz. Wie von der Tarantel gestochen
wendet sich Mutter Katz dem unverschämten Kerl zu, der es wagt, sie an
ihrem schönsten Körperteil zu betatschen. Aber kaum hat sie sich
herumgedreht, und mit ihr natürlich der ach so wohl gehütete Schwanz,
greift der nächste von hinten wieder danach. Oft nach mehreren
Wendungen von einem zum anderen, nehmen die Kleinen blitzartig Reißaus.
Im Ansatz versucht die Mutter hinterher zu preschen, aber nein, es
ziemt sich nicht, hinter dieser wildgewordenen Bande herzujagen, nein,
da pflegt man lieber das malträtierte Körperteil, damit es wieder
glänzt. Aber schon nähern sich die Raufbolde wieder, einer springt
beherzt über Mutter hinweg und kommt so auf die Rückseite, wo die heiß
ersehnte Beute aufgeregt hin und herpendelt. Der nächste stürzt sich an
Mutters Nacken, und los geht die nächste Runde. Aber wehe Bijou bemerkt
den Zweibeiner, der grinsend das Spielchen beobachtet, stande pede,
setzt sich Bijou manierlich hin, legt ordentlich, den etwas rupfig
aussehenden Schwanz zierlich neben sich und schaut uns an, als wäre
nichts, aber auch gar nichts gewesen, oder? Kaum wendet sich der
Zweibeiner ab, da tollt das Triumvirat wieder herbei, und das Spielchen
beginnt von vorn.
Ab Mitte Juni ändert sich Bijous
Verhalten ihren Kindern gegenüber ziemlich. Immer öfter faucht sie die
Kleinen weg, manchmal gibt es auch Prügel. Oftmals wollen die Kleinen
aber noch nuckeln und Mutterliebe. Je nach Laune gewährt Bijou ihnen
diese oder aber sie ist unnahbar. Je mehr die Mutter die Kinder
ablehnt,
umso mehr suchen sich die Kleinen andere Zuwendung und entdecken mehr
und mehr, das es auch Zweibeiner gibt, die toll kraulen können.
Die Jagd auf den Kohl
Es ist ein wunderschöner
Tag. Die Sonne lacht und unsere Kätzchen sind
voller Tatendrang. Insbesondere Juni weiß mit seinem Temperament nicht
wohin. Gestern habe ich Rosenkohl gemacht, und als ich fertig war mit
dem Säubern, hatte der Kater zielstrebig in ein Köhlchen gebissen und
es weggeschleppt. Heute morgen schon schaute Jürgen mich mit fragenden
Blick an, weil er nicht identifizieren konnte, womit der Kater
eigentlich hinterm Sofa spielte. Ich lachte und meinte: "Ach, das ist
bloß ein Rosenköhlchen, das Juni mir gestern aus dem Topf geklaut hat."
Daraufhin meinte Jürgen: "Ach ja, und wenn es dann alt und stinkig
ist, darf ich es wegräumen. Ihr seid mir ja eine Bande."
Gegen Mittag entdeckte
der Kater erneut sein Köhlchen, und dann ging die Post ab. Man kann dieses Ding ja so
herrlich durch die Gegend schießen und hinterherdüsen. Während das
Köhlchen den geraden Weg wählt, muß man ja als fairer Kater, dem armen
Ding eine Chance geben. Man nimmt also zwischendurch einen Umweg über
den Stuhl und über Jürgens Schreibtisch, um anschließend über das
Köhlchen herzufallen. Dann trampelt man es weich, aber dieses dumme
Köhlchen macht sich ganz schnell aus dem Staub, weil man in seiner
Aufregung wohl doch etwas zu fest zugetreten hat. Die Lösung ist, auf
und hinterher, zwischendurch kann man sich ja mal mit den Hinterpfoten
am Schrank abdotzen, das macht dann auch richtig Spaß.
Bald schon ist das arme
Köhlchen eingeholt und
diesmal beißt Juni gleich kräftig hinein. Leider bohrt sich sein
Katerzahn tief in das Gemüse. Als er sein Mäulchen öffnet, da hängt
doch dieses unverschämte Köhlchen an seinem Oberkiefer. Etwas grimmig
blickt der Kater drein, denn durchbeißen ist nicht drin, so ein
Rosenkohl ist ganz schön hart. Mit der Pfote streift er dann
schließlich das Gemüse vom Zahn ab, und damit es niemand auffällt,
frißt er einfach so ein äußeres Blättchen, naja so schlecht schmeckt es
ja gar nicht. Dann aber Karacho, der Kohl saust erneut über das
Parkett, aber verdammt, jetzt ist er weg. Juni hüpft mit zwei Sätze auf
den Schrank, um sich das Ganze von oben anzuschauen. Dabei kann man ja
auch gleich die Decke inspizieren. Der Kater wälzt sich auf dem
Schrank. Danach heißt es Stellung nehmen, auf die Ecke des Schranks und
runterlugen, irgendwo muß sich dieses dumme Köhlchen doch versteckt
haben.
Eine ganze Weile verbringt
der Kater auf seinem
Beobachtungsposten, zwischendurch sucht er die Decke ab, vielleicht
würde dieser Kohl da gleich darauf herumkrabbeln, schließlich hat man
ja eindeutige Erfahrungen mit anderen Lebewesen, wie z.B.Spinnen oder
Faltern. Eine ganze Weile liegt
er so da, zum Stehen ist es ein wenig eng auf dem Schrank, und
beobachtet ganz genau die Umgebung. Dieses blöde Köhlchen verspürt aber
gar keine Lust aus seinem Versteck zu kommen. Schließlich gibt Juni
auf, hat ja doch keinen Zweck! Mit wenigen Schritten ist er wieder auf
dem Boden, ach da ist ja eine neue Beute: Mit einem Riesensatz stürzt
er sich auf einen gelben Tennisball, na den kann man ja wenigstens
richtig tottrampeln. Mit den Vorderpfoten festhalten und auf der Seite
liegend mit beiden Hinterbeinen drauflostrampeln, so ist das richtig.
Zwischendurch muß man sich aber immer umschauen, ob da niemand anderes
die so mühselig erlegte Beute schnell klauen will. Also während des
Trampelns, immer schön aufpassen, sonst ist man schnell um den Lohn
seiner Arbeit gebracht. Nachdem Juni seine Beute mehrere Minuten
lang bearbeitet hat, entdeckt er meinen Stuhl. Ach, der ist ja frei,
ich glaube,
es ist Zeit für ein Schläfchen. Gesagt, getan. Der Kater springt auf
den Stuhl und rollt sich schließlich zu einem Schläfchen zusammen,
nicht
ohne Geruchskontrolle, ob denn auch alles manierlich riecht, und das
traditionelle Um-Sich-Herumdrehen, um das Lager auch so richtig rund zu
machen.